In wenigen Stunden ist es soweit. Um 11:11 Uhr übernehmen die Mädchen und Frauen in den karnevalistischen Hochburgen am Rhein die Macht und zeigen den Männern, wer das wahre starke Geschlecht ist.
Wenn ich behaupten würde, dass Karneval für mich bedeutungslos ist, dann würde ich lügen. Denn nach Weihnachten gibt es bei meinen Söhnen – und insbesondere bei dem Kleinen – nur ein Thema: Karneval. Die Kids fiebern dem Altweiber-Donnerstag entgegen und freuen sich auf die Karnevalsparty im Kindergarten und in der Schule.
Im Kindergarten gibt es heute Chips und gesundes Gemüse zum Knabbern, süße Sachen zum Naschen und – erstmals! – sogar Kinder – Cocktails! Auch in der Grundschule meines Ältesten wir der Start der närrischen Tage mit unterrichtsfreien Lerninhalten und Karnevalsfete standesgemäß rheinländisch zelebriert.
Im letzten Jahr war bei den Kids Darth Vader und Polizei-Spezialeinheit hoch im Kurs. Das ist in diesem Jahr nur geringfügig anders. Während der Kleine als Clone Trooper mit weißem Anzug, Lasergewehr und Maske am Start ist, verkleidet sich der Große als Soldat mit UZI. Recht martialisch, sicher. Aber das sind Jungs, auf die geschlechtsspezifisch solche Verkleidungen eine ganz besondere Faszination ausüben.
Für mich beginnt die Vorbereitung auf Altweiber bereits am Mittwoch Abend. Dann werfe ich einen Blick in meinen Kleiderschrank und suche eine Krawatte, die ihre besten Zeiten bereits hinter sich hat. Ich entscheide mich in diesem Jahr für einen gelben Binder mit blauen und grau-silbernen Punkten, die perfekt mit meinem grau und leicht schimmerndem Oberhemd harmoniert. Als ich den Schlips am Donnerstag Morgen umbinde, wissen wir beide, dass sein Ende in wenigen Stunden gekommen sein wird und dann eine – hoffentlich hübsche – Kollegin der Krawatte mit einem beherzten Scherenschnitt den Garaus bereiten wird.
Auf dem Weg ins Büro sind mir am Düsseldorfer Hauptbahnhof erst ein junger Hüpfer im Känguruh-Kostüm, eine wilde Horde älterer Damen in Sektlaune, zwei wilde Tiger mit Bierflaschen, ein als Arzt verkleideter Jüngling und weitere Jecken mit bunten Haaren und schrillen Verkleidungen über den Weg gelaufen. Erstaunlich fand ich, dass diesen Party People bereits um kurz nach sieben am Morgen der Alkohol mehr als geschmeckt hat.
Um 11:11 Uhr ist es dann auch im Büro soweit: die Arbeitskolleginnen übernehmen die Macht, *Übertreibungsmodus an* stürmen auf die männlichen Kollegen zu, schnippeln die Krawatten ab und sorgen mit schmatzenden Küssen für die Beruhigung der männlichen Seele, die ob des Schlips-Verlustes arg gebeutelt ist und im weiteren Verlauf des Tages diesen Kummer im Düsseldorfer Altbier ertränken kann *Übertreibungsmodus aus*.