Es war das zweite Mal in dieser Saison, dass Borussia Dortmund im berühmtesten Fußballstadion der Welt angetreten ist.
Und zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte des BVB sollte der Einzug in ein Endspiel der UEFA Champions League perfekt gemacht werden.
Die Chancen standen nach dem 4:1-Sieg im Westfalenstadion alles andere als schlecht. Doch die Königlichen sind im Estadio Santiago Bernabeu insbesondere in Europapokal-Nächten eine Macht und konnten mehrere Male einen Sieg mit vier Toren Unterschied – der gleichbedeutend mit dem Einzug in das Finale in London wäre – markieren.
Sechs Tage nach dem überraschend deutlichen Triumph war ich schon am Morgen mehr als angespannt. Ich konnte den Anpfiff nicht mehr erwarten und bekam schon beim bloßen Gedanken an den Anpfiff Gänsehaut.
Nachdem ich meine Emotionen in einen Tweet gepackt hatte, dauerte es nicht lange und der Beitrag wurde vom Twitter-Account des BVB an sage und schreibe eine Viertelmillion Follower retweetet. Das hat mich schon ein wenig stolz gemacht 🙂
Bis zum Anpfiff am Abend habe ich mich mit Gartenarbeit abgelenkt und ab halb acht ging es vor den Fernseher, um die Vorberichterstattung auf Sky zu verfolgen und meine Nerven zu beruhigen. Im Studio waren Karl-Heinz Riedle, Champions League-Sieger 1997 mit dem BVB, Christoph Metzelder, von einigen als Judas verspottet und Jens Lehmann.
Ich schaute das Spiel gemeinsam mit meinen beiden Söhnen, die zur Feier des Tages auch vor dem Fernseher mit dabei sein durften. Schließlich kommt unser Team nicht alle Tage in ein Halbfinale der Königsklasse und außerdem kann morgen wegen des Maifeiertagd ausgeschlafen werden.
Aber jetzt zurück auf den Platz. Jürgen Klopp konnte in Bestbesetzung antreten und sogar auf den am Wochenende verletzt ausgefallenen Lukas Pisczek aufstellen. Sven Bender und Ilkay Gündogan bildeten wieder die erfolgreiche Doppel-Sechs. Damit stand exakt die gleiche Elf wie in der vergangenen Woche in Madrid auf dem Platz, die den Finaleinzug in London perfekt machen sollte.
Mehr als 80.000 Menschen warteten auf den Anpfiff des zweiten Spiels im Semifinale, darunter auch mehr als siebentausend schwarz-gelbe Borussen, die sich nicht nur in der Auswärts-Fankurve, sondern im gesamten Stadion aufgehalten haben und mehr als kleine gelbe und schwarze Tupfer in dem Hexenkessel hinterlassen haben.
Die Gastgeber legten, angefeuert vom Publikum, wie entfesselt los und wollten schnell in Führung gehen. Roman Weidenfeller musste schon nach vier Minuten das erste Mal aus größter Not retten. Vier Ecken nach sieben Minuten machten deutlich, wie sehr Real am Drücker war und unbedingt das 1:0 markieren wollte.
Mario Götze musste bereits nach zwölf Minuten mit einer Oberschenkelzerrung vom Feld und wurde von Kevin Großkreutz ersetzt (14.) – eine deutliche Schwächung der Borussia. Und als Mesut Özil nach einer Viertelstunde allein an Weidenfeller vorbeigezogen war, hätte es spätestens 1:0 für die Spanier stehen müssen. Das Leder strich aber am rechten Außenpfosten vorbei. Es war die dritte dicke Chance für Real.
Nach 20 Minuten hatten die Borussen den Gegner ein bisschen besser im Griff und konnten das Spiel beruhigen. Auch bei Kontern blieben die Gäste gefährlich. Mats Hummels und Lukas Pisczek machten ein sehr gutes Spiel, während Robert Lewandowski nach seinen vier Treffern im Hinspiel eine Spezialbehandlung der Spanier ertragen musste, die oftmals in fiesen Fouls gegen den Polen gipfelte.
Roman Weidenfeller war für mich der überragende Mann in der ersten Hälfte. Der Schlussmann hielt insbesondere in den ersten zwanzig Minuten das Unentschieden fest und war der Garant für den torlosen Halbzeitstand nach 45 Minuten. Eine gute Ausgangsbasis für Borussia Dortmund, um in der zweiten Halbzeit erfolgreich zu bestehen.
Die zweite Halbzeit begann mit wütenden Angriffen Reals, doch Robert Lewandowski hatte in der 51. Minute die erste Chance der zweiten Hälfte – leider prallte sein platzierter Schuss von der Unterkante der Torlatte ins Feld zurück. Die zahlreichen spanischen Fans waren inzwischen beinahe verstummt und der Dortmunder Anhang hatte stimmgewaltig die Führung im Fanlager übernommen.
Die Großchance des Spiels hatte Ilkay Gündogan, der das runde Leder nach Vorlage von Marco Reus nur noch ins Tor schieben musste, aber stattdessen lieber den Schlussmann der Madrilenen angeschossen hat (62.). Eine Minute später köpfte Lewandowski knapp am Tor vorbei. Langsam aber sicher bekamen die Dortmunder immer mehr Konterchancen, da Real mindestens drei Tore schießen musste, um das Aus im Halbfinale noch zu verhindern.
Eine Viertelstunde vor dem Ende war ich der Verzweiflung nah, als Lewandowski erneut das Tor nicht treffen konnte. Nach echten Torchancen waren die Schwarz-Gelben dem weißen Ballett inzwischen ebenbürtig und obwohl noch 15 Minuten zu absolvieren waren, machte sich langsam Entspannung in mir breit. Das Finale in der Königsklasse war zum Greifen nah.
Selbst der nicht gerade als Freund des Dortmunder BVB bekannte Sky-Kommentator Marcel Reif konstatierte in der 78. Minute, dass Real Madrid das Finale nicht erreichen würde und die gelbe Karte von Madrids Ramos und die damit verbundene Sperre folgenlos bleiben sollte.
Es dauerte 82 Minuten, bis das Abwehr-Bollwerk der Dortmunder gebrochen ist. Benzema markierte den Führungstreffer für Madrid und es standen zehn heiße Minuten bevor. Nun galt es, keine Nerven zu zeigen und Ruhe zu bewahren. Plötzlich waren die Fans der Spanier erwacht und trieben ihr Team nach vorn.
Um Zeit zu gewinnen und die Mannschaft defensiv zu stärken, gab es vier Minuten vor dem Ende den zweiten Wechsel beim Doublesieger 2012. Sebastian Kehl kam für Robert Lewandowski auf den Platz. Und es war erneut Weidenfeller, der den knappen Rückstand nach einem Schuss von Benzema über die Querlatte lenken konnte.
Ganz verrückt wurde es in der 88. Minute. Sergio Ramos gelang das 2:0 für Real Madrid und jetzt fehlte Madrid nur noch ein Tor und die Borussia hätte den Traum vom Finale ausgeträumt. Oh mein Gott! Welche Spannung, welche Dramatik. Jürgen Klopp reagierte erneut und brachte Felipe Santana als weiteren Defensiv-Mann für den verletzten Sven Bender (90.). Ich war mehr als unsicher, dass die Dortmunder die fünf Minuten (!) Nachspielzeit überstehen würde.
Sollten sich die vergebenen Chancen rächen, die Gündogan und Lewandowski fahrlässig vergeben hatten? Noch drei Minuten waren zu spielen. Ecke für Madrid – vergeben. Roman Weidenfeller lässt sich beim Abstoß alle Zeit der Welt. Noch zwei Minuten. Blaszcykowski vergibt vor dem Tor und der Konter geht ins Leere – noch eine Minute. Abseits gegen Madrid. 40 Sekunden zu spielen. Zehn Sekunden – wieso pfeift Webb nicht ab? Nach sechs Minuten Nachspielzeit dann endlich der Abpfiff.
Es ist geschafft. Borussia Dortmund ist im Finale – und ich bin um Jahre gealtert. Was für ein Nervenkitzel.
Das erste deutsche Finale in der Champions League ist von Seiten Borussia Dortmund gebucht. Jetzt kommt es auf die Münchener Bayern an, die morgen ihren 4:0-Vorsprung in Barcelona verteidigen müssen und nur mit ganz viel Pech scheitern können.
Mit einer taktisch sehr reifen Leistung hat der BVB die Bewährungsprobe in Madrid bestanden. Mats Hummel in der Defensive, Lukas Pisczek als Bewacher von Cristiano Ronaldo und Roman Weidenfeller im Tor verdienten sich am heutigen historischen Abend Bestnoten.
Presseschau und Bloggerschau
Und das schreiben Presse und Blogger über den zweiten Finaleinzug in der Champions League:
Dortmunds bestandene Reifeprüfung (Zeit Online)
Real Madrid gegen Borussia Dortmund 2:0 (Sport Blog Zeit Online)
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3. Mai 2013 um 23:01
Wären die letzten 10 Minuten nicht gewesen, hätte ich mit meinem starken Unentschieden recht gehabt 😉 – leider musste 10 Minuten vor Schluss auf Twitter jemand vom Finale reden, was man einfach nicht macht und prompt fiel das Tor.
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