“Einen Scheiß musst du”, dieser Satz, ausgesprochenen von einem Officer in einem US-amerikanischen Gefängnis, sollte das Leben von Sean Brummel von Grund auf verändern.
Genauso wie dieser Satz, der fortan das Lebensmotto des knapp 40-jahrigen wird, sind es auch 40 Cent, die sein Leben nachhaltig verändern werden. Denn seine Frau Trisha hat nicht einmal diese vierzig Cent übrig, um die lausige Kaution zu bezahlen und die damit für einen nächtlichen Gefängnisaufenthalt ihres Gatten sorgt.
Und so kommt eine Spirale in Gang, die Seans Leben nachhaltig verändert. Zuerst verlässt ihn seine Frau (endlich!), dann versucht er sich im Brauen von starkem Bier (verbesserungswürdig!) und lernt mit Karen (von Anfang an perfekt!) eine neue Partnerin kennen, die sein Leben nachhaltig bereichert.
Einen Scheiß muss ich: Das Manifest gegen das schlechte Gewissen ist ein Manifest gegen das maßlose Müssen und eine Kampfschrift gegen das optimierte Leben, sozusagen eine gutgelaunte Gegen-Propaganda kontra all die überflüssigen Dale Carnegie “Sorge dich nicht, lebe”-Pamphlete.
Mit ESMI in den Kampf gegen das Muss-Monster
Schritt für Schritt wird der Leser zu einem unbeschwerten Leben geführt. Die Zauberformel lautet kurz ESMI – oder in Langform “Einen Scheiß muss ich”. Mit dieser Formel kann und wird das Muss-Monster, das sich oft verkleidet, um unerkannt zu bleiben, wirksam bekämpft. Denn schließlich sind es die fiesen Gewohnheiten und Zwänge, die uns das Leben zur Hölle machen.
Jeder von uns kennt das: ich muss das Laub harken, ich muss mehr Sport machen, ich muss die Tante besuchen, ich muss einen tollen Job haben, ich muss eine Familie gründen, ich muss Ziele haben. Und so weiter und so fort. Immer nur ich muss, ich muss, ich muss.
Doch Stopp! Nein: einen Scheiß muss ich!
Das ist auf jeden Fall das Postulat von Sean Brummel, der auf mehr als 300 Seiten haufenweise Antithesen zu den zahlreichen Lebenshilfe-Büchern aufgestellt hat und uns beweist, dass es – um im Jargon des Autors zu bleiben – “Bullshit” ist, es allen Menschen recht machen zu wollen, Sport zu treiben, asketisch zu leben und sich Ziele zu setzen.
Ratgeber-Literatur auf ganz neue Art
Genüsslich treibt er diese Spielchen auf allen Feldern des Lebens ad absurdum und hält dem Leser gleich den Spiegel seiner ständigen Selbstoptimierung vor Augen. Egal ob es um Gesundheit, Berufliches, Ernährung, Freizeit oder auch den Sinn des Lebens geht – Brummel hat zu allem etwas zu sagen.
Tommy Jaud ist mit Einen Scheiß muss ich: Das Manifest gegen das schlechte Gewissen eine wunderbare Persiflage auf die Ratgeber und Lebenshilfe-Kompendien a la Dale Carnegie,Lothar Seiwert, Reinhard K. Sprenger und Co. gelungen. Egal um welchen Lebensbereich es auch geht, Brummel weiß augenzwinkernd Rat und hilft auch aus der ausweglosesten Situation – egal, wie skurril sie sein mag.
Wie von Jaud gewohnt gibt es von der ersten bis zur letzten Seite beste Unterhaltung. Gelungen ist auch die Verwandlung von Tommy Jaud in Sean Brummel in optischer Hinsicht – mehr möchte ich aber jetzt nicht verraten.
7. November 2015 um 21:09
Im Grunde bringt Brummel das zu Papier was viele denken , tun oder sagen sollten was so manch eine ,,Alltagspflicht ” betriff das uns von selbst ernannten sozialen Normen und Richtlinien aufgezwungen wird. Tolles Buch zum Nach- bzw. Umdenken.