Sie ist eine der wichtigsten wissenschaftlichen Gesichter der Corona-Pandemie: Dr. Mai Thi Nguyen-Kim. Doch die Chemikerin beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit Wissenschaftsjournalismus und wird für ihren YouTube-Kanal maiLab gefeiert.
In den verganenen Monaten hat sich die YouTuberin verstärkt dem Schreiben gewidmet und jetzt ist das Buch Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit: Wahr, falsch, plausibel – die größten Streitfragen wissenschaftlich geprüft im Droemer Knaur Verlag erschienen.
Mai Thi Nguyen-Kim beschäftigt sich in ihrem neuen Buch mit den größten Streitfragen, die uns derzeit beschäftigen, und überprüft diese in wissenschaftlicher Hinsicht.
Drogen, Videospiele und Big Pharma
Es geht unter anderem um die Legalisierung von Drogen über Videospiele und Gewalt und das Gender Pay Gap bis hin zu dem Kampf zwischen Big Pharma vs. alternative Medizin. Kurzum: es ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Und natürlich fehlt auch die Tagesaktualität nicht. Das Kapitel zur Frage “Wie sicher sind Impfungen” kann ich nur jedem ans Herz legen, der sich seriös mit dem Thema auseinandersetzen möchte.
Am meisten hat sich mir der Abschnitt eingeprägt, in dem Nguyen-Kim konstatiert, dass die Vorstellung, dass es langfristig besser sei, eine Krankheit durchzumachen, als sich impfen zu lassen, auf keinen belastbaren Studien beruht. Ergo gibt es keinen rationalen Grund, die Krankheit einer Impfung vorzuziehen.
Einigt euch!
Im neunten und letzten Kapitel fordert die promovierte Chemikerin auf, sich auf die kleinste gemeinsame Wirklichkeit zu einigen. Sie appelliert, nicht weniger zu streiten, sondern nur besser. So einfach diese Forderung klingt, so schwierig ist sie in Zeiten wir diesen umzusetzen.
Social Media ist der Ort, an dem Unwissenheit und ungehobelter Umgang miteinander aufeinander treffen und viele Menschen meinen, Virulogen und anderen Experten mit ihrem Wissen den Rang streitig zu machen. Der Unterschied zwischen Fake News und echter Information sowie zwischen valider Kritik und persönlichem Angriff liegt in der Sachlichkeit, stellt Mai Thi Nguyen-Kim treffend fest.
So lange wir kein gemeinsames Verständnis darüber haben, was wirklich Wirklichkeit ist, können wir auch nicht richtig streiten. Falschmeldungen werden verbreitet, um Menschen zu verunsicheren, getreu dem Motto: wer am lautesten brüllt, wird am ehesten gehört. Dabei können Falschinformationen tödlich sein – insbesondere während einer Pandemie.
Lesenswert in jeder Hinsicht
Auch in ihrem neuesten Buch schafft es Mai Thi Nguyen-Kim, unaufgeregt und in verständlicher Sprache wissenschaftliche Erkenntnisse gegen Irrglauben zu stellen.
In manchen Kapiteln wird es bisweilen recht theoretisch und ich gebe zu, dass ich nicht allen Ausführungen folgen konnte – oder besser wollte, weil mich das Thema nicht wirklich interessiert hat. Doch bei solcher schweren Kost ist das ganz normal.
Ein weiterer Pluspunkt: Die Kapitel bauen nicht aufeinander auf, sondern sind in sich abgeschlossen. Das gab mir die Gelegenheit, für mich weniger spannende Kapitel – wie die Frage, ob Tierversuche ethisch vertretbar sind oder Ausführungen über die Erblichkeit von Intelligenz – einfach quer zu lesen.
Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit: Wahr, falsch, plausibel – die größten Streitfragen wissenschaftlich geprüft ist eine lesenswerte Pflichtlektüre für alle, die sich ernsthaft und fundiert mit den Fragen unserer Zeit auseinandersetzen möchten – und unterhaltsam ist die Lektüre ebenfalls.